Einstufung als rechtsextrem: Jetzt muss ein Parteiverbot folgen

Dieser Artikel ist ein kommentarischer Meinungsbeitrag und beinhaltet persönliche Ansichten des Verfassers.
Die AfD ist eine demokratiefeindliche, in Teilen faschistische Partei. Seit Freitag ist sie offiziell auch rechtsextrem und agiert gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, ist also nicht nur teilweise, sondern insgesamt verfassungsfeindlich. Warum das eine große Errungenschaft ist und warum ein Verbotsverfahren jetzt der nächste logische Schritt sein muss.
Die Opferrolle der AfD
Der künftige CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn hatte kürzlich gefordert, die AfD im Bundestag wie jede andere Oppositionspartei zu behandeln. Diese Aussage wurde bereits damals stark kritisiert, und nach der Hochstufung der AfD ist dieser Vorschlag noch inakzeptabler als zuvor. Eine Partei, die nicht im Einklang mit den Werten der Demokratie steht, kann nicht wie eine normale Oppositionspartei behandelt werden.
In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gab es bisher zwei Parteiverbote, 1952 der Sozialistischen Reichspartei (SRP), der Nachfolgepartei von Hitlers NSDAP, und 1956 der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), einer linksextremistischen Randgruppenvereinigung. Die KPD war in der Zeit der Weimarer Republik bis 1933 noch relativ einflussreich gewesen, die verfassungsfeindlichen Positionen der Nachfolgerin DKP wurden heute jedoch an den Rand der Bedeutungslosigkeit gedrängt. Geht das bei der AfD nicht auch?
Natürlich ist es offensichtlich, dass ein Parteiverbot allein die rechtsextreme Ideologie nicht auslöschen kann. Auch die Sorgen der Bevölkerung, aus denen heraus ein Großteil der AfD-Wählerschaft deren Teil geworden ist, werden weiterhin bestehen. Daher müssen die demokratischen Parteien das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen und ernsthafte Alternativen zum Populismus bieten, den die AfD vertritt. Das ist eine schwierige Aufgabe, die zwangsläufig von weiteren Maßnahmen begleitet werden muss.
Ein Verbot ist überfällig
Es mag sein, dass ein Verbotsantrag in der jetzigen Zeit wie ein verzweifelter Hilferuf der Bundesregierung wirken würde. Das im Grundgesetz verankerte Prinzip der wehrhaften Demokratie, das sicherstellt, dass die Demokratie nicht durch vordergründig demokratische Entscheidungen ihrer Feinde ausgehöhlt werden kann, erfordert jedoch Maßnahmen gegen Parteien, die außerhalb der demokratischen Mitte stehen.

„Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigten oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.“

Grundgesetz, Artikel 21, Absatz 2
Wie das Bundesamt für Verfassungsschutz in seiner jüngsten Entscheidung feststellte: Eine Partei, deren Vorsitzende im Wahlkampf das neonazistische Wort „Remigration“ geradezu herausschreit; eine Partei, deren Spitzenkandidat für die Europawahl die viel kritisierte und größtenteils als sachlich falsch bewertete Aussage tätigte, nicht alle Mitglieder der SS, also einer Organisation der Nazis, die wesentlich für den Betrieb und die Verwaltung der vor 80 Jahren befreiten Konzentrationslager verantwortlich war, seien Verbrecher gewesen; eine Partei, deren Fraktionsvorsitzender im Bundestag die Vizepräsidentin desselben „in Anatolien entsorgen“ möchte; die kann einfach nicht im Einklang mit der Verfassung agieren.
Es ist anders als bei der NPD
Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), seit 2023 offiziell „Die Heimat“, ist eine Splittergruppenvereinigung von Neonazis, die 1964 gegründet wurde und der vielfach programmatische und sprachliche Nähe zum Nationalsozialismus attestiert wurde. In den Jahren 2003 sowie 2017 versuchte das Bundesverfassungsgericht beide Male erfolglos, die Partei zu verbieten: 2003 scheiterte der Antrag aus „verfahrensrechtlichen Gründen“; 2017, nach erneutem Drängen des Bundesrats, wurden zwar die eindeutig verfassungswidrigen Ziele der NPD festgestellt, doch die Aussicht, dass deren Ziele auch verwirklicht werden könnten, wurde berechtigterweise als verschwindend gering eingestuft.
Bei der AfD ist das anders. In der neuesten Wahlumfrage von Forsa vom 5. Mai sind AfD und CDU/CSU mit je 25 Prozent gleichauf. In der Vergangenheit lagen die Blauen in Umfragen auch schon vor der Union. Wir dürfen dieser Entwicklung nicht länger tatenlos zusehen. Die Hochstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Organisation gibt Grund genug, an ihren verfassungsfeindlichen Zielen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, keine Zweifel mehr zu hegen. Auch wenn zwar bisher keine der übrigen Parteien im Bundestag mit der AfD zusammenarbeiten will, sprechen Friedrich Merz’ Annäherungsversuche beim Fünf-Punkte-Plan in der Migrationspolitik für sich: Die Rechtsextremen werden zwar in absehbarer Zeit nicht Regierungspartei werden, eine Beteiligung der AfD an anderen wesentlichen Entscheidungen ist jedoch zumindest nicht völlig unwahrscheinlich.
Einer ihrer prominentesten Redner, Björn Höcke, Vorsitzender der schon seit 2021 gesichert rechtsextremen AfD in Thüringen, zeichnet sich durch die völkische Rhetorik eines Faschisten aus und darf laut mehrerer Gerichtsurteilen auch so genannt werden. Er pflegt zudem enge Kontakte zu der oben angesprochenen NPD. Neben den Vorsitzenden der drei rechtsradikalen Landesverbände [nach Veröffentlichung des Artikels wurde mit der AfD in Brandenburg ein vierter Landesverband als rechtsextrem eingestuft, Anm. d. Red.] gehören auch Spitzenpolitiker der Partei auf Bundesebene dem rechtsextremen Spektrum an, so etwa der stellvertretende Vorsitzende Stephan Brandner und mit ihm mehr als 100 Mitarbeiter der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag.
Und wenn es nicht funktioniert?
Von vielen Juristen werden die Chancen, dass die AfD tatsächlich verboten werden könnte, als gering eingeschätzt. Unabhängig davon, ob ein Verbotsverfahren Erfolg haben oder scheitern sollte, Parteimitglieder und -anhänger wären immer empört über den deep state. Ein Grund gegen ein AfD-Verbot?
Nein. Sollte ein Versuch scheitern, wäre das zumindest ein Warnschuss gegenüber der AfD, besonders ihren extremistischen Kräften. Und auch das Argument, dass man die Partei wegen ihrer Größe nicht mehr verbieten könne, ist ebenfalls wirkungsarm. Die rechtsstaatliche, wehrhafte Demokratie muss zu ihrem eigenen Schutz gegen Kräfte vorgehen, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen wollen. Zudem ist ein Verbot ist nicht die einzige Option. Auch Maßnahmen wie die Streichung der Parteienfinanzierung oder die Aberkennung des passiven Wahlrechts für erwiesene Neonazis wie Björn Höcke sind denkbar.
Ein Verbot der AfD ist zweifellos nicht die optimale Lösung. Aber in Kombination mit Versuchen der politischen Bekämpfung kann es unter Umständen die gewünschte Wirkung erzeugen. Es ist an der Zeit, dass die baldige Bundesregierung, der Bundestag oder der Bundesrat die Initiative ergreifen und beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf die Prüfung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD stellen.

Bild: FAZ (Symbolbild)