Das erste Mal seit über 24 Jahren hat ein französischer Staatspräsident während seiner Amtszeit Deutschland besucht. Macron führte in der letzten Woche unter anderem Gespräche mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. In diesem Artikel liefern wir euch Hintergründe und Einordnungen.
Was war der Anlass des Besuchs?
Der Besuch sollte vor allem die deutsch-französische Freundschaft und ihre Einzigartigkeit demonstrieren. Zudem sollte der Besuch Menschen in Deutschland als auch in Frankreich dazu auffordern, sich an der nahenden Europawahl zu beteiligen. Bei der letzten Europawahl im Jahr 2019 haben sich nur gut 60 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt, was dieses Jahr für hohe Stimmzahlen bei rechtsgerichteten Parteien sorgen könnte.
Macrons Besuch dauerte knapp drei Tage, von Sonntag, dem 26. Mai bis einschließlich Dienstag, den 28. Mai. Der französische Präsident besuchte unter anderem Berlin, wo er mit Bundespräsident Steinmeier sprach und an einer Veranstaltung zu 75 Jahren Grundgesetz teilnahm. Das sollte die europäische Bedeutung der deutschen Verfassung verdeutlichen. Danach besuchte Macron unter anderem Dresden, wo er eine lange Rede über seine Vision von Europa hielt.
Wie lief der Besuch ab?
Macron sagte im Gespräch mit Bundeskanzler Scholz, man solle der Ukraine erlauben, russisches Gebiet mit Waffen anzugreifen, die aus westlichen Ländern stammen. Er räumte allerdings ein, durch solche Angriffe sollten natürlich keine Zivilisten, also Menschen, die nicht am Krieg teilnehmen, verletzt werden.
Er hielt außerdem einige Reden, zum Teil auf Deutsch, unter anderem in Dresden vor der Frauenkirche. Dort plädierte er erneut für ein starkes Europa und engere Zusammenarbeit mit der Ukraine für Kriegshilfen.
Mittlerweile hat die Bundesregierung die Nutzung westlicher Waffen auf russischem Gebiet erlaubt.
In Bundesländern wie Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg, die im östlicheren Teil Deutschlands liegen, hat die in Teilen als rechtsextrem eingestufte AfD Umfragewerte von teilweise bis zu 35 Prozent. Deswegen gab es Befürchtungen, dass Anhänger von rechten Parteien die Veranstaltungen mit Macron stören könnten. Jedoch hörten ihm Tausende von Menschen zu und er erntete Applaus für seine Worte.
Warum wird der Besuch kritisiert?
Experten bemängeln, dass der Besuch politisch nichts bewirkt und nur darüber hinwegtäuschen soll, dass es zwischen Macron und Scholz politische Differenzen gibt. Auch aus seiner Rede in Dresden ließen sich einige kleine Spitzen gegenüber Olaf Scholz aus Macrons Rede heraushören.
Scholz beispielsweise sieht China als wichtigen wirtschaftlichen Handelspartner und möchte an jahrelang geknüpften Beziehungen festhalten.
Macron hingegen will Einflussnahme der USA und auch Chinas verhindern und als Europäische Union selbstständiger werden. Außerdem sieht Macron vor, Bodentruppen und Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu schicken, was von Scholz abgelehnt wird. Auch wenn die beiden Regierungschefs sich nach außen hin geeint gaben, gibt es durchaus politische Meinungsverschiedenheiten, die sich bei Zusammenarbeiten als problematisch erweisen könnten.
Titelbild: live.vodafone.de