Umstrittene Kandidatinnen: Wahl zum Bundesverfassungsgericht abgesetzt

Eigentlich hätten diese Woche drei Posten von Richterinnen und Richtern am wichtigsten Gericht in Deutschland, dem Bundesverfassungsgericht, neu besetzt werden sollen. Schon vorher gab es Bedenken, ob sich die nötigen Mehrheiten finden. Schlussendlich wurde die Wahl dann verschoben. Wir liefern einen Überblick.
Wie läuft die Wahl normalerweise ab?
Die Amtszeit der 16 Richterinnen und Richter in Karlsruhe, wo das Bundesverfassungsgericht sitzt, ist stark eingeschränkt. So gibt es beispielsweise eine Maximalamtszeit von 12 Jahren und Altersgrenzen von wenigstens 40 und höchstens 68 Jahren. Die drei Posten, die dieses Jahr neu zu besetzen sind, entstehen durch Personen, die entweder wegen ihres Alters oder aus gesundheitlichen Gründen das Amt abgeben müssen.
Die Kandidatinnen und Kandidaten der Fraktionen für die frei werdenden Posten müssen zuerst durch den Wahlausschuss des Bundestages nominiert und dann von den Abgeordneten mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden. Nach einer Übereinkunft der Fraktionen dürfen nur CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP Richterinnen und Richter vorschlagen; da die FDP es nicht in den Bundestag geschafft hat, nur die anderen drei. Anschließend müssen die Gewählten vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier im Amt bestätigt werden.
Warum waren Probleme befürchtet worden und was ist am Ende passiert?
Für die drei Positionen, die diese Woche zu besetzen waren, hatte die Union das Vorschlagsrecht für einen, die SPD für zwei der Posten. Die Union nominierte den Juristen Günter Spinner, die beiden Kandidatinnen der SPD waren Ann-Katrin Kaufhold und Frauke Brosius-Gersdorf. Für die Wahl von Verfassungsrichterinnen und -richtern sind die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD gemeinsam mit den Grünen auf wenige Stimmen entweder aus der AfD oder aus der Linkspartei angewiesen, um die erforderliche Zweidrittelmehrheit zu erreichen.
Die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf (Quelle: t-online/imago)
Die Wahl des Unionskandidaten Spinner hatte auch die AfD-Fraktion ihren Abgeordneten empfohlen. Diese Abstimmung war für den Vormittag geplant gewesen.
Besonders aber bei Frauke Brosius-Gersdorf, die von der SPD vorgeschlagen wurde, gab es innerhalb der Union von einigen konservativeren, rechteren Abgeordneten Bedenken, da sie eher linkere Positionen vertritt. So hatte sie sich beispielsweise in der Corona-Pandemie für eine Impfpflicht ausgesprochen oder steht für eine stärkere Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, die derzeit strafbar sind. Auch die AfD wollte nicht für sie stimmen. Da aber nicht klar war, ob genügend Stimmen aus der Linkspartei für sie abgegeben werden würden, hat der Bundestag mit einer Zweidrittelmehrheit alle drei Wahlen von der Tagesordnung genommen, diese also verschoben.
Wie geht es jetzt weiter?
Wann die Wahlen jetzt stattfinden können, ist noch nicht endgültig geklärt. Besonders bestehen Unklarheiten über eine mögliche Zusammenarbeit zwischen der Linken und der Union, denn die Linkspartei ist eigentlich bereit, auch für Kandidaten der CDU/CSU zu stimmen, allerdings schließt die Union eine Zusammenarbeit mit der Linken aus und möchte nicht von sich aus auf die andere Fraktion zugehen. Die SPD plant zurzeit ein Gespräch zwischen ihrer Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf und der Unionsfraktion, um Vorbehalte von einzelnen Mitgliedern der CDU/CSU zu beseitigen. Die Union hat dem bisher nicht zugstimmt.
Bis Nachfolger für die drei ausgeschiedenen Richterinnen und Richter bestimmt sind, bleiben die aus Altersgründen ausgeschiedenen noch geschäftsführend im Amt. Seit Anfang 2025 gibt es eine Regelung, nach der, falls der Bundestag sich über eine Zeit von drei Monaten bei der Wahl nicht einigen kann, auch der Bundesrat darüber entscheiden kann. Diese drei Monate enden Ende August während der Sommerpause des Parlaments, in der es keine Sitzungen gibt.

Titelbild: ZDFheute